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Zur Geschichte dieses Buches

Dieses Buch hat eine lange Geschichte. Im Jahr 1966 wurde der Text „Politische Justiz 1918 – 1933“ als Taschenbuch im S.Fischer Verlag veröffentlicht. Zusammen mit meiner Frau Elisabeth Hannover-Drück (1928 – 2009) hatte ich einige Jahre daran gearbeitet. Ich war als Strafverteidiger in politischen Strafprozessen gegen Kommunisten und andere Gegner der  Adenauer-Politik darauf aufmerksam geworden, dass sich in diesen Verfahren der 1950er und 1960er Jahre deutsche Geschichte wiederholte, die damals zu Faschismus und Krieg geführt hatte. Ich hatte bei der Vorbereitung meiner Verteidigeraufgaben in Kommunistenprozessen viele  Veröffentlichungen über die politische Justiz der Weimarer Republik gefunden und erschreckende Parallelen der juristischen Freund-Feind-Unterscheidung zur Kenntnis nehmen müssen, die schon einmal zur Machtergreifung der politischen Rechten beigetragen hatte. In den Schriften von Emil Julius Gumbel, Robert Kempner, Kurt Tucholsky, Carl von Ossietzky und anderen demokratisch und antifaschistisch gesinnten Autoren wurde die von republikfeindlichen Richtern in politischen Prozessen praktizierte Rechtsbeugung aufgedeckt und mit Fakten belegt.

Meine Frau Elisabeth Hannover-Drück als Historikerin und ich als politisch engagierter Strafverteidiger setzten die Recherchen in Berliner Archiven fort. Wir lasen dort Prozessberichte in den Tageszeitungen aller politischen Richtungen. Damals wurde über Hauptverhandlungen und Urteile noch ausführlicher als heute und mit vielen wörtlichen Zitaten von Äußerungen der Prozeßbeteiligten berichtet. Eine Lektüre, aus der wir ein ganz neues Bild der Vorgeschichte des Hitler-Faschismus und der verhängnisvollen Rolle der Justiz gewannen. Auch Korrespondenzen und Gespräche mit Zeitzeugen wie Emil Julius Gumbel, Robert Kempner und anderen prominenten Kritikern der politischen Justiz der Weimarer Republik trugen zur Erweiterung unseres Wissens und zu unserer Empörung über Unrecht im Gewande des Rechts bei. Schließlich habe ich auch die mehrbändige Ausgabe der von 1925 bis 1933 erschienenen Zeitschrift „Die Justiz“ fast vollständig mit Gewinn gelesen. „Die Justiz“ war eine Fachzeitschrift, die von namhaften demokratisch gesinnten Juristen, also einer republiktreuen Minderheit, herausgegeben wurde. Wir erkannten, dass uns im Universitätsstudium und in den Medien ein Bild von deutscher Geschichte vermittelt worden war, in dem wesentliche Informationen fehlten, die der Aufarbeitung bedurften.

Wenngleich unser Manuskript auf Wunsch des S.Fischer-Verlages etwa um die Hälfte gekürzt werden musste, galt das Buch bald als „klassische Analyse der Politischen Justiz der Weimarer Republik“ (Joachim Perels). Von prominenten Sachkennern wie Fritz Bauer, dem hessischen Generalstaatsanwalt, und Richard Schmid, dem Präsidenten des Oberlandesgerichts Stuttgart, und von anderen prominenten Publizisten, wurde das Buch zustimmend rezensiert.

In der von Gert von Paczensky herausgegebenen, von Januar 1966 bis Juni 1967 erschienenen Zeitschrift „Deutsches Panorama“ wurden einige Kapitel unseres Buches mit vielen historischen Fotos veröffentlicht. Die kurzlebige Existenz dieses zeitkritischen Magazins, in dem bekannte antifaschistische Publizisten wie Sebastian Haffner, Eugen Kogon, Bernt Engelmann und Frank Arnau zu Wort kamen, zeigt die damals herrschende Resistenz des öffentlichen Bewußtseins gegen zeitkritische Aufklärung über die mörderische Vorgeschichte der NS-Herrschaft und deren Wiederkehr. Der S. Fischer Verlag sah sich nicht in der Lage, eine Neuauflage des Buches zu wagen, obwohl meines Wissens immerhin mehr als 20.000 Exemplare verkauft werden konnten.

Erst Kurt Groenewold, der wie ich Erfahrungen mit der politischen Justiz der Bundesrepublik Deutschland gemacht hatte, sah die Notwendigkeit, an die im gleichen Sinne ausgeübte Justizpraxis der Weimarer Republik und deren Folgen zu erinnern und gab „Politische Justiz 1918 – 1933“ in seinem Attica-Verlag 1977 neu heraus. Dem mit kleinen Korrekturen überarbeiteten Text konnten die Rezensionen hinzugefügt werden, die von Fritz Bauer und von Richard Schmid stammten. Stellungnahmen von zwei hervorragenden, politisch unabhängigen mutigen Juristen also, die ebenso wie wir als „Kommunisten- und Terroristenverteidiger“  diffamierten Anwälte im damaligen CDU-Staat von einer vergifteten öffentlichen Meinung angefeindet wurden.

Diese Fassung von 1977 mit den beiden Texten von Fritz Bauer und Richard Schmid haben wir für das hier vorgelegte Buch gewählt. Obwohl es 1987 noch eine dritte Neuauflage des Buches im Lamuv-Verlag mit einem Vorwort von Joachim Perels gab, in der aber die Rezensionen von Fritz Bauer und Richard Schmid fehlen.

Wer sich für meine eigenen Justizerfahrungen interessiert, sei auf die Neuauflage meines Buches „Die Republik vor Gericht 1954 – 1995. Erinnerungen eines unbequemen Rechtsanwalts“  (Aufbau-Verlag, 2017) verwiesen, das auch als E-Book zu haben ist,  und auf „Reden vor Gericht“ (PapyRossa Verlag, 2012), ein Buch, dem eine CD mit Tonaufnahmen einiger meiner Plädoyers beiliegt, die ich mit Genehmigung der Gerichte im Gerichtssaal aufnehmen konnte. Wer sich dafür interessiert, was ich sonst noch geschrieben habe, wird auf meiner Webseite (Heinrich-Hannover.de) fündig.

Ich hoffe, dass diese Neuauflage des Buches eine interessierte Leserschaft findet und danke dem Metropol Verlag für sein Engagemant. Die ursprüngliche Ausgabe von 1966 enthielt die Widmung: „Allen, die vergeblich für eine bessere Justiz gekämpft haben“. Sie ist noch immer aktuell.

Worpswede, imAugust 2019

 

                                                       Heinrich Hannover

 

 

Zur Übersicht: Heinrich-Hannover.de

 

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